Implementierung einer Supply Chain Planungs-Software – Diese Fallen sollten Sie vermeiden

Implementierung einer Supply Chain Planungs-Software – Diese Fallen sollten Sie vermeiden

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Warum eine gut gesteuerte Implementierung so wichtig ist

In unserem vorherigen Artikel haben wir die häufigsten Fehler beschrieben, die Unternehmen bei der Auswahl einer Supply-Chain-Planungs-Software machen: vom Start ohne klaren Use Case bis Unterschätzung der Gesamtkosten. Aber die Wahl der richtigen Software ist nur der Beginn des Weges. Der wahre Mehrwert – der Gipfelsieg – steht und fällt in der Implementierung.

Die harte Wahrheit ist: Mehr als die Hälfte aller Technologieimplementierungen liefert nicht den erwarteten Geschäftsnutzen. Eine aktuelle BCG-Studie ergab, dass nur 30% der digitalen Transformationen ihre Ziele erreichen oder übertreffen.[1] Das zeigt: Die Chancen stehen schlecht für eine reibungslose Einführung einer Planungs-Software, wenn Unternehmen nicht strukturiert vorgehen. Verzögerungen, geringe Nutzerakzeptanz, mangelhafte Datenintegration oder organisationale Unklarheiten können Vertrauen und den ROI (Return on Investment) bereits zerstören, bevor die Software überhaupt voll einsatzfähig ist.

Auf Basis unserer Erfahrung und branchenweiter Erkenntnisse haben wir die häufigsten Fallen zusammengestellt, in die Implementierungen geraten – und zeigen, wie Sie sie entschärfen.

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Fallen

1. Ein überstürzter Start ohne Umsetzungsplan

Allzu oft beginnen Unternehmen mit der Konfiguration der Software, ohne einen realistischen, phasenweisen Umsetzungsplan zu haben. Sobald die Software ausgewählt ist, wächst der Druck, „so schnell wie möglich fertig zu werden“. Zeit für Workshops und Anforderungsdefinitionen wird unterschätzt, und Zeit für Vorbereitung wird oft nicht berücksichtigt. Projektmitglieder verfügen nicht über ausreichend Kapazitäten parallel zum Tagesgeschäft. Das führt zu sich verschiebenden Prioritäten, übersehenen Abhängigkeiten, Nacharbeit und Überlastung des Projektteams.

Best Practice: Erstellen Sie einen klaren Umsetzungsfahrplan mit Meilensteinen, Verantwortlichkeiten und Erfolgskriterien. Vermeiden Sie einen „Big Bang“-Rollout, sondern setzen Sie stattdessen auf einen agilen Ansatz: Starten Sie mit einem Minimum Viable Product (MVP) als erste Version für den Start, testen Sie sie mit echten Anwenderinnen und Anwendern, passen Sie die Version an und rollen Sie sie schrittweise aus. Das reduziert Risiken und stärkt das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzern.

 

2. Unklare Verantwortung und Projektgovernance

Wenn nicht klar ist, wer Entscheidungen trifft (von Prozessdesign bis zu Datenstandards), kommt die Umsetzung ins Stocken und niemand übernimmt Verantwortung. Projektgovernance geht über Steuerungsausschüsse hinaus – sie definiert klare Verantwortlichkeiten für IT-technische wie fachlich-operative Fragestellungen.

Best Practice: Richten Sie ab Tag eins eine klare Projektgovernance ein. Ernennen Sie Prozessverantwortliche, Data Stewards und geben Sie klare Entscheidungsmandate an die Workstreams. Klare Verantwortungen beschleunigen die Umsetzung und gewährleisten eine abgestimmte Vorgehensweise. Vergessen Sie nicht auf das Change Management im gesamten Unternehmen: kommunizieren Sie proaktiv, binden Sie Stakeholder frühzeitig ein und achten Sie darauf, dass Anwenderinnen und Anwender für die Umstellung bereit sind (auch hier hilft der agile Ansatz).

 

3. Fehlende Abstimmung zwischen internen Stakeholdern und externen Partnern

Eine Implementierung involviert viele Partner: interne IT, Fachbereiche, Softwarelieferant und Implementierungspartner. Fehlende Abstimmung ist ein häufiger Grund für Projektmisserfolge. Typische Probleme: unklare Rollen (z. B. wer bereitet die Daten vor, wer macht die Trainings), falsche Erwartungen (Externe kennen die internen Geschäftsabläufe nicht) oder mangelhafte Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereichen.

Best Practice: Definieren Sie ein robustes Liefermodell mit klaren Verantwortlichkeiten. Entscheiden Sie im Vorfeld, was an Partner ausgelagert wird (z. B. Systementwicklung, Schulungen, Integration) und was intern bleibt (z. B. Prozessanpassungen, Datenvorbereitung). Installieren Sie Product Owner, binden Sie Fachexperten und Enterprise Architects ein, und setzen Sie eine Abstimmungsroutine ein.

 

4. Unklare und sich ständig ändernde Projektziele

„Scope Creep“ ist ein klassisches Risiko: Immer neue Features oder Prozessänderungen während des Projekts führen zu Verzögerungen, Budgetüberschreitungen und Fokusverlust – besonders bei der Entwicklung von Individualsoftware.[2]

Best Practice: Definieren Sie Projektziele und Umfang von Anfang an klar und steuern Sie Änderungen über ein strukturiertes Änderungs-Management. Priorisieren Sie „Must-haves“ gegenüber „Nice-to-haves“, um Zeitpläne zu schützen und früh Mehrwert zu liefern.

 

5. Überbordendes Customizing

Der Versuch, alte Arbeitsabläufe oder Gewohnheiten in der neuen Software nachzubauen, führt oft zu unnötiger Komplexität, schlechter Nutzbarkeit und langfristig höheren Wartungskosten für IT-Systeme. Unternehmen, die jedes Detail in eine Standardsoftware pressen, zahlen spätestens bei Updates einen hohen Preis.

Best Practice: Nutzen Sie Standardfunktionen der Software, wo immer es geht. Fokussieren Sie sich auf Ergebnisse statt auf das Reinreklamieren alter Reports oder Masken. Jede Anpassung braucht eine klare geschäftliche Rechtfertigung. Falls Ihr Supply Chain Netzwerk oder Ihre Prozesse durch Standardlösungen nicht abgedeckt werden, erwägen Sie eine maßgeschneiderte Software – und sichern Sie sich dafür langfristiges Know-how.

 

6. Unzureichende Datenvorbereitung

Selbst die bestkonfigurierte Software-Lösung funktioniert nicht ohne saubere, strukturierte Daten. Neu angelegte Aufträge mit Lieferdatum in der Vergangenheit, negative Bestände, doppelte oder unvollständige Informationen – all das ist Alltag. Ursachen sind menschliche Fehler, schlechte Angewohnheiten, unklare Vorgaben und fehlende Data Governance.

Best Practice: Widmen Sie einen eigenen Workstream der Datenvorbereitung und sorgen Sie für kontinuierliche Datenpflege. Analysieren Sie Ursachen für schlechte Datenqualität und etablieren Sie Standards für Data Governance – vor und nach dem Go-live. Gute Planung beginnt mit guten Daten.

 

7. Fehlende Integration mit zentralen Systemen

Ohne zuverlässigen Datenaustausch mit ERP (Enterprise Resource Planning), MES (Manufacturing Execution System) oder BI (Business Intelligence) Plattformen wird die Planungslösung zur isolierten Insel – oder schlimmer noch: zur Quelle widersprüchlicher Informationen. Das verursacht zusätzlichen Aufwand (z.B. bei der Identifizierung korrekter Information) und mindert die Nutzerakzeptanz.

Best Practice: Planen Sie die Integration der Systeme frühzeitig. Definieren Sie Datenflüsse, Aktualisierungszyklen und Ausnahmebehandlungen. Nur eine nahtlose Einbettung macht Ihre Planungslösung zum Teil des digitalen Ökosystems – mit „One Source of Truth“.

 

8. Kein Plan für die Phase nach dem Go-Live

Viele Projektteams betrachten die Implementierung mit dem Go-Live als abgeschlossen. Doch ohne weiterführende Begleitung stockt die Nutzung, Probleme häufen sich und Akzeptanz bricht ein. Im besten Fall führt das zu Verzögerungen, im schlimmsten Fall zu teuren „Recovery Programmen“.[3]

Best Practice: Erstellen Sie einen Plan für die Zeit nach dem Go-Live, um Akzeptanz und kontinuierliche Verbesserung sicherzustellen. Dazu gehören: Informationsaustausch, Hypercare-Support, Feedbackschleifen, Wissensweitergabe, Nutzerförderung und das Feiern von Erfolgen. Sehen Sie den Go-Live als Beginn der Wertrealisierung – nicht als Ende des Projekts.

Abbildung 1: Die 8 häufigsten Fallen bei der Implementierung einer Supply Chain Planungs-Software

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Fazit

Die Implementierung einer Planungs-Software ist keine rein technische Aufgabe – es ist ein organisationaler Wandel, bei dem Strategie, Prozesse und Menschen synchronisiert entwickelt werden müssen. Selbst die beste Software kann scheitern, wenn Verantwortungen, Daten, Kommunikation und Integration nicht sauber gesteuert werden. Wer diese Fallen vermeidet, sorgt dafür, dass die Planungslösung einen echten strategischen Mehrwert liefert – statt ungenutzt zu bleiben und als Sündenbock für Leistungsverluste zu enden.

Bei TenglerConsulting unterstützen wir Unternehmen nicht nur bei der Auswahl der passenden Supply-Chain-Planungs-Software, sondern stellen sicher, dass die Erwartungen an die neuen Planungsfähigkeiten erfüllt und der ROI erreicht wird. Mit unserer Erfahrung agieren wir als Bindeglied zwischen Ihrer Organisation und dem Implementierungspartner, bringen Fachwissen zu Planungsprozessen ein, übernehmen Projektmanagement (mit Fokus auf Menschen, Prozesse und Technologie) und sorgen für klare Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Gemeinsam entschärfen wir diese Fallen und sorgen für eine Implementierung mit nachhaltigem Erfolg.

 

 

Quellen:
[1] Grebe M. et al., 2024: Most Large-Scale Tech Programs Fail—Here’s How to Succeed [Aufgerufen: 30 August 2025].
[2] Gross G. et al., 2025: 18 famous ERP disasters, dustups, and disappointments [Aufgerufen: 30 August 2025].
[3] Project Management Institute, 2009: Postimplementation blues: techniques and challenges of recovering a business after go-live, through the application of project management [Aufgerufen: 30 August 2025].

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Weitere Insights

Im vorigen Artikel fokussierten wir uns auf die Fallen bei der Software-Auswahl für eine Supply Chain Planungs-Lösung. Für weitere Informationen zur Optimierung Ihrer Supply Chain Planung werfen Sie gerne einen Blick in unsere Insights.

Lassen Sie uns darüber sprechen, wie die Implementierung Ihrer Planungslösung von Tag eins an ein Erfolg wird. Kontaktieren Sie uns unter office@tenglerconsulting.com oder vernetzen Sie sich mit uns auf LinkedIn.

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