Von einmaliger Planung zur kontinuierlichen Optimierung: Die KI-Revolution im Supply Chain Network Design

Von einmaliger Planung zur kontinuierlichen Optimierung: Die KI-Revolution im Supply Chain Network Design

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Was ist Supply Chain Network Design?

Supply Chain Network Design (SCND) ist ein strategischer Prozess zur Optimierung der Struktur und der Warenflüsse in der Lieferkette eines Unternehmens, um langfristige Unternehmensziele zu unterstützen. Dabei werden zentrale Faktoren wie Anzahl, Standort und Funktion von Lieferanten, Produktionsstätten, Lagern und Distributionszentren definiert, um effiziente Warenströme zu ermöglichen.

Lange Zeit wurde SCND als einmaliges Optimierungsprojekt betrachtet. Inzwischen hat es jedoch stark an Bedeutung gewonnen. Der Wandel der Kundenanforderungen, geopolitische Spannungen, Störungen in der Lieferkette sowie technologische Fortschritte zwingen Unternehmen dazu, ihre Netzwerke neu zu denken.

Künstliche Intelligenz (KI) – einst Zukunftsvision – transformiert SCND grundlegend. Sie ermöglicht dynamische, datenbasierte und skalierbare Entscheidungen, die weit über bisherige Möglichkeiten hinausgehen. Damit wird SCND von einem statischen Vorgang zu einem kontinuierlichen Prozess der Überprüfung und Verbesserung.

In diesem Beitrag betrachten wir auf taktischer wie strategischer Ebene, welche neuen Möglichkeiten ein modernisierter SCND-Prozess bietet – und welche Entwicklungen ihn notwendig gemacht haben.

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Warum Supply Chain Network Design heute wichtiger denn je ist

Agilität und Resilienz haben sich in den letzten Jahren als strategische Erfolgsfaktoren etabliert. Die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf zur Stärkung der Supply Chain Resilienz. Unternehmen müssen heute zwei große Herausforderungen meistern: eine nie dagewesene Volatilität und eine wachsende Komplexität.

Globale Lieferketten sind mit politischen Risiken, Deglobalisierung, Handelskonflikten, Marktveränderungen und ständigen Disruptionen konfrontiert – und dadurch mit einem hohen Maß an Unsicherheit und Volatilität. Unternehmen prüfen daher ihre globale Präsenz und ziehen Alternativen wie Nearshoring, Regionalisierung oder multi-regional-Strategien in Betracht.

Gleichzeitig sind die Anforderungen an Lieferketten gestiegen: Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz, Kundenzufriedenheit und Reaktionsfähigkeit müssen parallel erfüllt werden. Netzwerke müssen diesen komplexer werdenden Zielsetzungen gerecht werden.

In diesem volatilen Umfeld sind faktenbasierte, zeitnahe Entscheidungen unerlässlich. Intuition oder veraltete Excel-Modelle reichen nicht mehr aus. Moderne Analytik und KI ermöglichen die Simulation zahlreicher Szenarien, prognostizieren Störungen und helfen, fundierte Entscheidungen über Service-Level, Kosten und Risiken zu treffen.

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Klassisches Supply Chain Network Design und seine Grenzen

Traditionelle SCND-Ansätze haben die Grundlagen für strukturierte Lieferketten geschaffen. Doch sie stoßen in einer dynamischen Welt an ihre Grenzen:

Einmalige Umsetzung:
Der notwendige zeitliche Vorlauf bis zur Erstellung statischer Modelle führt dazu, dass diese zum Zeitpunkt der Umsetzung nicht mehr aktuell sind.

Mangelnde Flexibilität:
Klassische Tools lassen sich kaum an veränderte Nachfrage, Lieferbedingungen oder makroökonomische Faktoren anpassen, wodurch der Designprozess neu gestartet werden muss.

Silo-Denken:
Abteilungsübergreifende Abstimmungen fehlen, was zu suboptimalen und strategisch nicht abgestimmten Entscheidungen führt.

Begrenzte Skalierbarkeit:
Die zunehmende Datenkomplexität überfordert herkömmliche Modelle, wodurch relevante Variablen unberücksichtigt bleiben.

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KI-gestütztes Supply Chain Network Design – Vom Projekt zur Prozess-Schleife

KI verwandelt SCND von einer einmaligen Aufgabe in einen zyklischen, dynamischen Prozess (siehe Abbildung 1):

Abbildung 1: Kreislauf der Supply Chain Netzwerk Simulation

Ausrichten
In der ersten Phase wird sichergestellt, dass die Ziele der Simulation mit den strategischen Unternehmenszielen übereinstimmen. KI analysiert dabei große Datenmengen, erkennt Muster bei Nachfrage, Margen oder Engpässen und unterstützt die Zieldefinition auf Basis von Fakten statt Annahmen. Auch die Identifikation relevanter Stakeholder und Entscheidungsträger wird durch KI erleichtert.

Entwerfen
Auf Basis der abgestimmten Ziele werden mit KI und modernen Modellierungstools Digital Twins möglicher Netzwerk-Designs erstellt. Hier kommt die Stärke von KI zum Tragen: Mithilfe von Machine Learning werden Millionen Szenarien durchgerechnet – etwa Standortverlagerungen, Lieferantenausfälle oder geopolitische Störungen. Mit generativer KI lassen sich Simulationsanforderungen und Was-wäre-wenn-Szenarien ohne Programmierkenntnisse formulieren. So werden Zielkonflikte zwischen Kosten, Service und Resilienz effizient und skalierbar optimiert.

Implementieren
Nach Auswahl des optimalen Designs erfolgt die Umsetzung in zwei Zeithorizonten:

  • Kurzfristige Maßnahmen (1 Woche – 12 Monate):
    • Umleitung von Transportwegen, Einsatz von Cross-Docks oder Last-Mile-Partnern
    • Umstrukturierung der Bestände im Netzwerk auf Basis KI-erstellter Umlagerungen
    • Skalierung von Third Party Logistics (3PL) Kapazitäten je nach Bedarf
  • Strukturelle Maßnahmen (1 – 5 Jahre):
    • Standorterweiterung, -schließung oder -verlagerung von Distributionszentren, Lagern oder Produktionsstätten
    • Einführung von Nearshoring- oder Dual-Sourcing-Strategien
    • Reduktion der Artikelkomplexität durch Portfolio-Anpassung und damit Änderung der Anforderungen an das Netzwerk
    • Netzwerkanpassung in Zusammenarbeit mit Lieferanten oder Kunden (z. B. Vendor Managed Inventory)

Ein effektives Change Management ist dabei entscheidend – insbesondere bei Auswirkungen auf mehrere Regionen, Geschäftsbereiche oder Partner. KI hilft hier durch Impact-Analysen und personalisierte Kommunikationspläne.

Validieren
In der Validierungsphase übernimmt KI die Überwachung der Performance. Abweichungen von den erwarteten Ergebnissen werden erkannt, Modelle automatisch angepasst und gezielte Maßnahmen vorgeschlagen. Mit prädiktiver Analytik wird die Lieferkette proaktiv – sie antizipiert Veränderungen bei Nachfrage, Kosten oder regulatorischen Anforderungen und bleibt dauerhaft agil und resilient.

Vier zentrale Vorteile eines KI-gestützten SCND-Prozesses:

  • Skalierbarkeit: Mit dem Wachstum des Unternehmens, der Expansion in neue Regionen oder der Einführung neuer Produkte kann ein gut konzipiertes Netzwerk ohne Einschränkungen mitwachsen.
  • Kosteneffizienz: Optimierte Material- und Informationsflüsse sowie reduzierte Komplexität ermöglichen eine verbesserte Servicequalität bei gleichzeitig niedrigeren Gesamtkosten.
  • Resilienz: Das Risiko wird durch Dual Sourcing, redundante Lagerbestände und weitere strategische Maßnahmen deutlich minimiert.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Digital Twins und Szenario-Modellierungen ermöglichen es, Veränderungen vor der Umsetzung virtuell zu testen und die Netzwerkstrategie fortlaufend zu optimieren.

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Der Digital Twin als Basis

Durch die Erstellung eines Digital Twins erhält ein Unternehmen ein virtuelles Abbild der realen Supply Chain, die in Echtzeit das Zusammenspiel von Prozessen, Warenströmen, Systemverhalten und Performance widerspiegeln.[1]

Die Leistungsfähigkeit von Digital Twins variiert je nach Anbieter und Anwendungsszenario. Am Beispiel von River Logic kann eine Digital Twin-Lösung folgende Funktionen bieten:

  • End-to-End-Modellierung: Erfasst die gesamte Wertschöpfungskette – vom Lieferanten bis zum Kunden – und ermöglicht eine ganzheitliche Analyse und Optimierung.
  • Echtzeit-Datenintegration: Verknüpft Daten aus verschiedenen Quellen, darunter Internet of Things-Geräte und Enterprise Resource Planning-Systeme, um stets aktuelle Einblicke in die Performance der Lieferkette zu liefern.
  • Erweiterte Szenarioplanung: Ermöglicht die Modellierung von „Was-wäre-wenn“-Szenarien zur Bewertung von Entscheidungen in Bezug auf Kosten, Servicelevel und Risiken.
  • Finanzielle Integration: Verknüpft operative Entscheidungen mit finanziellen Kennzahlen, um sicherzustellen, dass die Supply Chain die übergeordneten Unternehmensziele unterstützt.[2]

Dies ist nur ein Beispiel von vielen Anwendungsfällen für Digital Twins. Richtig implementiert, lassen sich mit ihnen sowohl langfristige strategische Ziele als auch das tägliche Supply-Chain-Management wirkungsvoll optimieren.

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Warum TenglerConsulting?

Bei TenglerConsulting sind wir überzeugt: KI-gestütztes Supply Chain Network Design ist nicht nur Zukunft – es ist Realität. Wir unterstützen Unternehmen bei der Transformation ihrer Netzwerke durch die Kombination aus tiefem Supply Chain Know-how und führenden Simulationstechnologien. Ob zur Stärkung der Resilienz, Senkung von Kosten oder Ermöglichung nachhaltigen Wachstums – wir bieten einen strukturierten, aber flexiblen Ansatz zur Neugestaltung leistungsfähiger Lieferkettennetzwerke.

 

 

Quellen:
[1] McKinsey, 2024: “Digital twins: The key to unlocking end-to-end supply chain growth” [aufgerufen: 06 Mai 2025].
[2] RiverLogic, 2025: “Network Strategy & Design” [aufgerufen: 06 Mai 2025].

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Weitere Insights

In unserer Serie „KI in der Supply Chain Planung“ zeigen wir unsere wichtigsten Anwendungsfälle für Künstliche Intelligenz in der Lieferkette. Frühere Use Cases sowie weitere Trends finden Sie in unseren Insights.

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