Künstliche Intelligenz im operativen Auftragsmanagement nutzen

Künstliche Intelligenz im operativen Auftragsmanagement nutzen

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Operatives Auftragsmanagement ist die Schnittstelle zu Kundinnen und Kunden

Das operative Auftragsmanagement bildet die wesentlichste Schnittstelle eines Unternehmens zu seinen Kundinnen und Kunden. Der Kern des Auftragsmanagements liegt in der operativen Abwicklung von Aufträgen. An dieser Schnittstelle prallen Kundenerwartungen, Informationsflut und Orchestrierung der Lieferkette aufeinander.

Die Anforderungen an Personen und Systeme sind hoch: Unter größtem Zeitdruck werden Entscheidungen getroffen, die sich auf die gesamte Lieferkette auswirken. Ausgehend vom Warenbedarf in den Lieferketten von Kundinnen und Kunden werden von der Warendistribution, über das Bestandsmanagement, die Planung, die Produktion und über den Einkauf hinweg bis zu den Lieferanten Hebel in Bewegung gesetzt, um den Kundenwunsch zu erfüllen.

Die Grundlage dafür ist eine durchgehende Digitalisierung aller Prozesse und darüber hinaus die Automatisierung standardisierter Abläufe und Entscheidungen. In diesem Bereich trägt Künstliche Intelligenz (KI) dazu bei, in kürzester Zeit komplexe Entscheidungen auf Basis breiter Informationen zu treffen, wo die menschliche Entscheidungsfindung an ihre Grenzen stößt und sich Fehler und Verzögerungen einschleichen.

Für uns ist daher ganz klar der Einsatz von Künstliche Intelligenz in Form von KI-Agenten in diesem Bereich einer der wichtigsten Anwendungsfälle im Supply Chain Management, den wir im Folgenden vorstellen dürfen.

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Aktuelle Ausgangslage

Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigten, dass produzierende Unternehmen mit steigenden Kosten bei Rohstoffen, Energie und Löhnen kämpfen.[1] Gleichzeitig bedeutet die aktuelle wirtschaftliche Lage zusätzliche Unsicherheit in der Marktnachfrage. Dazu kommen die bestehenden Überkapazitäten in vielen Industrien,[2] welche zu einem starken Käufermarkt führen.

Der Servicegrad muss daher großgeschrieben werden, sonst wandern Kunden ab: kurze Lieferzeiten, verlässliche Lieferung und flexible Auftragsänderungen sind essenziell.

Die Kommunikation soll rasch und friktionsfrei laufen. Beim Thema Informationsaustausch gibt es zwar unterschiedliche Geschwindigkeiten, doch das Ziel ist eine Vollautomatisierung der Schnittstellen zwischen den Systemen auf Kunden- und Lieferantenseite.

Unternehmen stehen angesichts der steigenden Kundenerwartungen bei unsicherer Nachfrage und steigenden Kosten vor mehreren Herausforderungen:

  • Hohes Working Capital: Lagerbestände müssen optimiert werden, um Kosten zu senken, ohne die Materialverfügbarkeit zu gefährden und Kunden zu verlieren.
  • Steigende Produktionskosten: Steigende Inputkosten und kleinere Losgrößen erfordern eine bessere Maschinenauslastung, um Kosten zu begrenzen.
  • Gewährleistung des Servicegrads: Unterschiedlichste Servicelevel Vereinbarungen sind entsprechend zu erfüllen, um sich als verlässlicher Partner in Zeiten des Käufermarkts zu beweisen. Transparenz und vorausschauende Planung sind hier entscheidend.
  • Schnelle, verlässliche Auftragsabwicklung: Eingelebte Usancen zu Bestellzeitpunkten, Auftragsänderungen und Kulanzen zwischen Kunden- und Lieferantenseite resultieren in individualisierten, manuellen Arbeitsabläufen, erhöhtem Aufwand und Verzögerungen.
  • Transparenz für Entscheidungen: Isolierte IT-Systeme und rudimentär-digitalisierte Arbeitsabläufe erfordern manuelle und aufwändige Datenvorbereitungen und erschweren Analysen.

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Das Zielbild der KI-Unterstützung im operativen Auftragsmanagement

Wir sehen das Ziel von KI-Agenten in der Unterstützung des Auftragsmanagements bei der effizienten, treffsicheren und schnellen Erfüllung der Kundenanforderungen. Zum Einsatz kommen smarte und innovative Lösungen, die drei wesentliche Funktionen unterstützen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Einsatz von KI-Agenten im operativen Auftragsmanagement

Echtzeit-Transparenz schaffen
KI-Agentenanalysieren komplexe Datenmengen und erstellt Prognosen, um kritische Engpässe frühzeitig zu erkennen. Bekannte Beispiele sind das Verfolgen von Materialflüssen und Abgleichen von Absatzprognosen. Auf Basis von Echtzeit-Daten werden Planabweichungen (z.B.: verzögerte Lieferungen, erhöhte Absatzmengen, reduzierte Produktionsmengen) prognostiziert und Kritikalität der Engpässe bewertet.

Effektive Lieferentscheidungen treffen
In Engpass-Situationen müssen Trade-off-Entscheidungen zur Auftragserfüllung getroffen werden, weil nicht alle Kundenvereinbarungen bedient werden können. KI-Agenten berücksichtigen unterschiedliche Informationsquellen, z.B.: Servicelevel Vereinbarungen, Stand der Leistungserfüllung, drohende Vertragsstrafen bei Nichterfüllung, Extrakosten, noch zu erwartende Auftragseingänge. Kundenaufträge werden mit Hilfe dieser Modelle objektiv priorisiert und erfüllt.

Lieferkette orchestrieren
Durch den Einsatz von KI-Agenten erreichen Unternehmen eine höhere Agilität, um auf Marktänderungen schnell reagieren zu können und beispielsweise Umsatzmöglichkeiten zu nutzen. Sie unterstützt dabei, datenbasierte, transparente und objektive Entscheidungen zu treffen, welche die Kundenanforderungen effektiv erfüllen und Kosten in der Lieferkette minimieren. Die Automatisierung von Kundenprozessen beschleunigt die Abwicklung und reduziert die Fehlerquote.

Durch den Einsatz von KI-Agenten erreichen Unternehmen eine höhere Agilität, um auf Marktänderungen schnell reagieren zu können und beispielsweise Umsatzmöglichkeiten zu nutzen. Sie unterstützt dabei, datenbasierte, transparente und objektive Entscheidungen zu treffen, welche die Kundenanforderungen effektiv erfüllen und Kosten in der Lieferkette minimieren. Die Automatisierung von Kundenprozessen beschleunigt die Abwicklung und reduziert die Fehlerquote.

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Praxisbeispiel: Unilever und Walmart

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Schnittstelle zwischen Kunden und Lieferanten ist eine Kollaboration zwischen Unilever und Walmart Mexiko, Unilevers größtem Kunden außerhalb der USA. Bereits 2009 wurde ein gemeinsames Programm zu kollaborativer Planung, Forecasting und Replenishment gestartet. 2022 startete „Sky“, ein KI-gestütztes automatisiertes System zur Analyse, Planung und Orchestrierung einer unternehmensübergreifenden Lieferkette.

Walmart füttert Verkaufsdaten pro SKU, Geschäft und Tag in das System. Von Unilever kommen Promo-Pläne für die nächsten drei bis vier Monate. Ein Algorithmus betrachtet historische Verkaufsdaten, Preiselastizität, aktuelle Trends, Events und andere Parameter. Damit werden 3,1 Millionen Prognosekombinationen mit 12,5 Milliarden mathematischen Kalkulationen pro Tag gemacht, um schließlich bis zu 20 Millionen Bestellungen von Unilever Produkten für alle Walmart Standorte zu generieren und Unilevers Lieferkette bis hin zum Materialeinkauf zu synchronisieren.

Im Piloten, welches rund 30% des Unilever-Geschäfts in Mexiko abbildete, wurden damit 98% Fill Rate und 98% On-Shelf Verfügbarkeit erreicht. Die Prognosegenauigkeit wurde erhöht und damit Agilität und Resilienz in der Lieferkette gesteigert. Durch die Automatisierung schätzt Unilever manuelle Aufwände um 30% reduzieren zu können. Unilever rollt nun das Modell auf ihre 30 Schlüsselkunden global aus, beginnend in Großbritannien und den USA.[3][4]

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Der Weg zum Ziel

Das Beispiel von Unilever und Walmart zeigt einen besonders weitgehenden Einsatz von KI und ist das Ergebnis mehrjähriger Entwicklung von Prozessen, Daten und Fähigkeiten. Unternehmen sollten daher ihr eigenes Zielbild für KI-unterstütztes Auftragsmanagement entwickeln, welches auf den aktuellen Herausforderungen und der strategischen Marschrichtung des Unternehmens beruht.

Wir verfolgen dabei einen iterativen Ansatz beim Ausbau der Fähigkeiten im operativen Auftragsmanagement. Je nach Reife des Unternehmens sind die grundlegenden Herausforderungen zunächst die Strukturierung von Transaktionsdaten (z.B.: historische Auftragsdaten, Bestände, Absatzpläne) und die Messung wesentlicher Leistungskennzahlen in der Auftragsabwicklung (z.B.: Liefertreue, Auftragsdurchlaufzeiten, Prognosegenauigkeit). Damit erreichen Unternehmen eine erste Aussage zur Erfüllungsfähigkeit von Aufträgen auf Basis digital verfügbarer Informationen. In Folge lassen sich damit einfache Arbeitsabläufe und Kundeninteraktion digitalisieren und automatisieren.

Die weiteren Schritte hängen vom definierten Zielbild des betreffenden Unternehmens ab. Aus unserer Sicht ist es wichtig, die Fähigkeiten Transparenz schaffen, Entscheidungen treffen und Lieferkette orchestrieren parallel auszubauen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Entwicklungspfad technischer Lösungen im operativen Auftragsmanagement

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Auftragsmanagement neu denken

Parallel zur Entwicklung des Auftragsmanagements entlang dieser Reifegrade ist aus unserer Sicht das Verständnis von Auftragsmanagement in der Supply Chain Organisation ein entscheidender Erfolgsfaktor. Daher achten wir auf die Miteinbeziehung aller Stakeholder entlang der Lieferkette, z.B.: Vertrieb, Planung, Produktion, Einkauf, Lieferanten, um gemeinsam einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen, Vertrauen aufzubauen, und Prozesse und Organisation neu auszurichten.

  • Die Rolle des Customer Service verändert sich in Richtung einer ganzheitlichen, operativen Supply-Chain Management Rolle mit erweiterter Entscheidungskompetenz und Wertigkeit in der Organisation.
  • Der Aufbau einer KI-Unterstützung im Auftragsmanagement bedeutet die Übertragung von Entscheidungskompetenz aus einem subjektiven Einflussbereich diverser Stakeholder zugunsten objektiver Kriterien, konkreter Ziele und definierter Servicelevel Vereinbarungen.
  • Durch die Prozessautomatisierung verlagern sich die manuellen Aufgaben weg von einer standardisierten Abwicklung hin zum Handling von Ausnahmefällen und Entscheiden (noch) nicht-modellierter Geschäftsfälle.
  • Der Aufbau von KI-unterstützten Entscheidungsmodellen im Auftragsmanagement ist eine Spitzenleistung der Innovation und erfordert kontinuierliches Lernen und Entwicklung. Die zur Verfügung stehenden technischen Lösungen überholen sich gegenseitig. Wir empfehlen daher, Entwicklungsziele iterativ zu setzen: Kleine Erfolge helfen dem Vertrauensaufbau.

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Mit TenglerConsulting das Auftragsmanagement transformieren

Wir von TenglerConsulting stellen die jeweiligen Kundenanforderungen in den Mittelpunkt unserer Überlegungen bei der Optimierung von Lieferketten und Prozessen im Supply Chain Management. Daher verstehen wir das operative Auftragsmanagement als Dreh- und Angelpunkt in der Steuerung einer ganzheitlichen Lieferkette. Mit der Erfahrung in zahlreichen Transformationsprojekten in der Lieferkette verstehen wir die Interessen unterschiedlicher Stakeholder und begleiten Unternehmen bei prozessualen und organisationalen Veränderungen im Auftragsmanagement.

 

 

Quellen:
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (DE), 2025: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2025/02/04-jahreswirtschaftsbericht.html [aufgerufen: 15 April 2025].
[2] Europäische Kommission, 2025: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_335 [aufgerufen: 15 April 2025].
[3] Unilever, 2024: https://www.unilever.com/news/news-search/2024/utilising-ai-to-redefine-the-future-of-customer-connectivity/ [aufgerufen: 15 April 2025]
[4] Zero100, 2024: https://zero100.com/unilever-global-supply-chain-reboot/ [aufgerufen: 15 April 2025]

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Weitere Insights

In unserer Serie „KI in der Supply-Chain Planung“ beschreiben wir unsere Top-Anwendungsfälle von Künstlicher Intelligenz in der Lieferkette. Die bisherigen Anwendungsfälle und andere Supply Chain Trends finden Sie in unseren Insights.

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